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Thermisch-energetische Sanierung – Wohnungseigentumsrechtliche Rahmenbedingungen

Im Gebäudesektor, der zugleich auch ein wichtiges klimapolitisches Handlungsfeld darstellt, ist der Klimawandel – wie auch in vielen anderen Lebensbereichen – bereits deutlich spürbar. Die Klimakrise und ihre Auswirkungen haben den Gesetzgeber dazu bewegt, Maßnahmen zur Bewältigung klimatischer Veränderungen im Wohnrecht zu treffen. Wie aus den Gesetzesmaterialien zur Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes 2022 ersichtlich, geht es hierbei insbesondere um den Abbau fossiler Energieträger sowie um die Reduktion des Energieverbrauchs (ErläutRV 1174 BlgNR 27. GP). In diesem Sinne brachte die in Rede stehende Gesetzesänderung einige Neuerungen mit dem Ziel, die Ökologisierung von Wohnungseigentumsanlagen zu fördern. Im Konkreten wurde im Rahmen der WEGNovelle 2022 an drei Stellen geschraubt, um das wohnrechtliche Regelungsregime an den Vorgaben des Regierungsprogramms zu adaptieren. So haben die folgenden gesetzlichen Vorschriften eine Anpassung erfahren:

  • das Änderungsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers gemäß § 16 WEG 2002,
  • die Voraussetzungen für eine wirksame Beschlussfassung nach § 24 WEG 2002 sowie
  • die Rücklagenvorschrift des § 31 WEG 2002.

Inwiefern und in welchem Zusammenhang nimmt der Gesetzgeber in der WEG-Novelle 2022 auf thermisch-energetische Sanierungsmaßnahmen Bezug?

Vor dem Hintergrund der Absicht des Gesetzgebers durch die Bildung höherer Rücklagenbeträge einen größeren Anreiz für – unter anderem klimapolitisch sinnvolle –  Investitionen in Bau und Erhaltungsmaßnahmen zu schaffen, wurde mit der Novellierung des § 31 WEG 2002 eine Mindestdotierung der Rücklage mit einem Betrag von € 0,90/m2 Nutzfläche vorgeschrieben. In Bezug auf die Planung künftiger Aufwendungen kann sich aber freilich auch das Erfordernis einer Rücklagendotierung ergeben, die weit über diesen Mindestbetrag hinausgeht. Im novellierten Gesetzestext werden hierfür etwa die thermische Sanierung sowie Aufwendungen zur energietechnischen Verbesserung des Gebäudes beispielhaft angeführt. Als umweltpolitisch wünschenswert erscheinen die in der Neufassung des § 31 WEG 2002 genannten Verbesserungsmaßnahmen nicht zuletzt aufgrund des Umstands, dass deren Durchführung die Senkung des Energiebedarfs – und implizit der Heizkosten – bezwecken. Daran anknüpfend soll dieser Beitrag eine überblicksmäßige Darstellung über thermisch-energetische Sanierungsmaßnahmen und deren wohnungseigentumsrechtliche Einordnung liefern.

Welche Maßnahmen liegen einer thermisch-energetischen Sanierung zugrunde?

Die Frage, ob sich die Vornahme einer thermisch-energetischen Sanierung als zweckmäßig erweist, hängt insbesondere vom Wärmeschutz des Hauses ab. Der hierfür als Anhaltspunkt dienende Heizwärmebedarf (HWB) lässt sich aus dem Energieausweis ablesen und wird in kWh/m2 pro Jahr gemessen. Der HWB gibt die in einem Raum benötigte Wärmemenge an, die für den Ausgleich von Temperaturverlusten durch Lüftungs- und Transmissionswärme notwendig ist. Eine thermischenergetische Verbesserung empfiehlt sich dann, wenn der HWB 50 kWh/m2 deutlich überschreitet (Frankl-Templ in Rainer, Handbuch des Miet- und Wohnrechts  Kap. 20.5). 

Der Ablauf der Sanierung sollte sich wie folgt gestalten:

  • In einem ersten Schritt sind Maßnahmen zum Schutz vor Wärme an der Gebäudehülle (Außenhaut) vorzunehmen. Hierbei hat insbesondere eine Dämmung des Daches, der Außenwände bzw. der Kellerdecke sowie eine Renovierung bzw. ein Austausch alter Fenster und Türen zu erfolgen.
  • Anschließend ist eine Optimierung der Energieversorgungsanlagen vorzunehmen, wobei der Fokus vor allem auf erneuerbaren Energiequellen zu legen ist (z.B. Wärmepumpen, solarthermische Anlagen).

Handelt es sich bei der thermisch-energetischen Sanierung um eine Maßnahme der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung? 

Fraglich ist, ob die in Rede stehenden Erneuerungsarbeiten der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung zuzuordnen sind. Dies ist für die Willensbildung und für die Möglichkeit der Beschlussanfechtung relevant. 

Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 handelt es sich bei der „ordnungsgemäßen Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen“, um eine Angelegenheit der ordentlichen Liegenschaftsverwaltung.  Aufgrund des ausdrücklichen Verweises auf § 3 MRG, ist dem Rechtsbegriff „Erhaltung“ ein dynamisches – und somit ausgedehntes – Verständnis zugrunde zu legen (Spruzina in GeKo Wohnrecht II § 28 WEG Rz 21). Trotz ihrer grundsätzlichen Zuordnung zur außerordentlichen Verwaltung, können demnach über bloße Erhaltungsarbeiten hinausgehende Verbesserungen als ordentliche Verwaltung im Sinne des § 28 Abs 1 Z 1 WEG qualifizieren [Spruzina in GeKo Wohnrecht II § 28 WEG Rz 21; Ponholzer, Thermisch-energetische Sanierung im Wohnungseigentum, immolex 2023/76 158 (160)] werden. Dafür, dass unter den sohin dargelegten Erhaltungsbegriff auch „Verbesserungen“ unterfallen können, verlangt die Judikatur als Voraussetzungen „eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit, Brauchbarkeit, einen bestehenden Mangel oder doch zumindest eine Schadensgeneigtheit“ (RIS-Justiz RS0116998). Unter Bezugnahme auf § 3 Abs 2 Z 5 MRG, der hier aufgrund des oben angeführten Verweises zu berücksichtigen gilt, könnte eine thermisch-energetische Sanierung dann als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung angesehen werden, „wenn und insoweit die hiefür erforderlichen Kosten in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zum allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses und den zu erwartenden Einsparungen stehen.“ Gestützt auf diese Bestimmung wurden energieverbrauchssenkende Maßnahmen auch schon in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als Erhaltungsarbeiten, die das gesamte Gebäude betreffen, angesehen und in Verbindung mit § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zur ordentlichen Verwaltungsmaßnahme erklärt. (5 Ob 81/94 = MietSlg 48.491).

Für eine richtige Zuordnung der geplanten Sanierungsarbeiten ist das Kriterium der Wirtschaftlichkeit als wesentliches Abgrenzungskriterium zu nennen (Kothbauer, Thermische Sanierung im Wohnungseigentumsrecht, immolex 2010, 268). Nach der Rechtsprechung könnte somit eine beabsichtigte thermische Sanierung – ungeachtet der ökologischen Aspekte – dann als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme eingestuft werden, wenn eine wirtschaftliche Betrachtungsweise keinen eindeutigen Vorteil aller Wohnungseigentümer ergibt [5 Ob 210/10h = immolex 2011/113 (Prader)]. Die geplanten Erneuerungsarbeiten sind als Maßnahme der außerordentliche Verwaltung zu qualifizieren, wenn dieses an außergewöhnlichen Bedingungen bzw. Maßnahmen anknüpft (5 Ob 255/03s; 5 Ob 41/05y). Ferner unterfällt das beabsichtigte thermisch-energetische Sanierungsvorhaben dem in § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 statuierten Erhaltungsbegriff jedenfalls dann nicht, wenn diesem größere Finanzierungsschwierigkeiten entgegenstehen [RISJustiz RS 0114108 (T1)]. 

Schlussbemerkungen:

Vor dem Hintergrund ökologischer Gesichtspunkte lässt sich in Anbetracht der derzeitigen Rechtslage durchaus erkennen, dass eine Einordnung von thermischenergetischen Sanierungsarbeiten an allgemeinen Teilen einer Liegenschaft als Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung möglich erscheint. Der Abbau formaler Hürden im Rahmen der Beschlussfassung im WEG 2002 kann einen sinnvollen Beitrag leisten, um die Durchführung klimapolitisch wünschenswerter Erneuerungsarbeiten zu erleichtern. Im Vorfeld gilt es jedoch die strengen Anforderungen der Judikatur für die Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierbarkeit der geplanten Maßnahme sowie einer Wirtschaftlichkeitsprüfung der geplanten thermisch-geplanten Sanierungsmaßnahme abzuwägen. Um eine finale Beurteilung hinsichtlich der Qualifizierung einer thermisch-energetischen Sanierung als ordentliche Verwaltungsmaßnahme treffen zu können, ist die Durchführung einer genauen Einzelfallprüfung jedenfalls geboten. 

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