Sehr geehrte Damen und Herren!
Immer mehr Dienstnehmer treten an ihren Dienstgeber mit dem Anliegen heran, Homeoffice von ihrem Wohnsitz im Ausland aus erbringen zu dürfen.
Abgesehen von arbeitsvertragsrechtlichen Fragestellungen, über die wir Sie in unserer letzten Aussendung informieren durften, hat die Aufnahme einer Homeoffice-Tätigkeit im Ausland auch Auswirkungen im Bereich des Sozialversicherungs- und Steuerrechts, auf die wir in unserer heutigen Aussendung eingehen wollen.
1. Das Sozialversicherungsrecht welchen Staates ist bei einer Homeoffice-Tätigkeit vom Ausland aus anwendbar?
Im Bereich des Sozialversicherungsrechts gibt es – abgesehen von der EU-Sozialrechtsverordnung, welche innerhalb der EU (sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz) zur Anwendung gelangt – verschiedene bilaterale Sozialversicherungsabkommen. Ein solches Abkommen besteht etwa (um nur einige Beispiele zu nennen) mit Australien, Israel, Kanada, den Philippinen, Türkei und den USA.
Bei sonstigen Drittstaaten, mit denen kein Sozialversicherungsabkommen besteht (wie etwa mit China, Indonesien, Japan, Thailand, Südafrika), ist auf das innerstaatliche Sozialversicherungsrecht, insbesondere das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (kurz: ASVG), zurückzugreifen ist.
Zunächst gilt es also die anwendbare Rechtsgrundlage (EU-Sozialrechtsverordnung, bilaterales Sozialversicherungsabkommen, österreichisches Sozialversicherungsrecht) zu ermitteln. Ausgehend von der anwendbaren Rechtsgrundlage ist sodann stets im Einzel-fall zu eruieren, das Sozialversicherungsrecht welchen Staates bei einer Homeoffice-Tätigkeit im Ausland anzuwenden ist.
Tipp: Als Faustregel zur Bestimmung des anwendbaren Sozialversicherungsrechts kann auf das so genannte Territorialitätsprinzip zurückgegriffen werden: Grundsätzlich ist daher das Sozialversicherungsrecht jenes Staates anzuwenden, in dem der Dienstnehmer tätig wird. Erbringt ein Dienstnehmer eine Arbeitsleistung ausschließlich von seiner Wohnung im Ausland aus, unterliegt er grundsätzlich den dortigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. Da diese Faustregel nur eine grobe Orientierung bietet, ist in jedem Fall eine Detailprüfung anzuraten.
2. Welches Sozialversicherungsrecht ist anwendbar, wenn einem Dienstnehmer – auf sein Ersuchen hin – von seinem österreichischen Dienstgeber gestattet wird, seine Arbeitsleistung für unbestimmte Zeit von Südafrika aus zu erbringen?
Mit Südafrika besteht aktuell kein bilaterales Sozialversicherungsabkommen. Um zu prüfen, ob der Dienstnehmer ungeachtet seines Umzugs nach Südafrika weiterhin in Österreich sozialversichert ist, muss auf die Bestimmungen des österreichischen Sozialversicherungsrechts, insbesondere das ASVG, zurückgegriffen werden.
Das ASVG gilt grundsätzlich nur für im Inland beschäftige Personen. Als im Inland beschäftigt gelten unselbständig Erwerbstätige, deren Beschäftigungsort im Inland gelegen ist.
Als Beschäftigungsort wiederum gilt jener Ort, an dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Wird eine Beschäftigung ohne feste Arbeitsstätte ausgeübt, so gilt der Wohnsitz des Versicherten als Beschäftigungsort.
Wird der Dienstnehmer von seinem Wohnsitz in Südafrika aus für seinen österreichischen Dienstgeber tätig, so liegt sein Beschäftigungsort in Südafrika. Folglich gilt der Dienstnehmer aber auch nicht als im Inland beschäftigte Person und ist er in Österreich weder kranken-, noch unfall-, noch pensionsversichert.
3. Was gilt, wenn ein Dienstnehmer nicht von sich aus, sondern im Auftrag seines österreichischen Dienstgebers (beispielsweise für ein bestimmtes Projekt) ins nicht europäische Ausland entsendet wird?
Kommt weder die EU-Sozialrechtsverordnung, noch ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen, sondern das österreichische Sozialversicherungsrecht zur Anwendung, so ist in diesem Fall auf die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 2 lit d ASVG zurückzugreifen. Danach gelten auch solche Dienstnehmer als im Inland beschäftigt, „deren Dienstgeber den Sitz in Österreich haben und die ins Ausland entsendet werden, sofern ihre Beschäftigung im Ausland die Dauer von fünf Jahren nicht übersteigt“.
Von einer „Entsendung“ im Sinne dieser Bestimmung ist dann auszugehen, wenn jemand zur Erfüllung eines Auftrages (also für einen bestimmten, vorübergehenden Zweck) von einem Ort an einen anderen Ort geschickt wird, in der schon im Zeitpunkt der Entsendung bestehenden Erwartung, dass er nach Erfüllung dieses Auftrages wieder an den Ausgangspunkt zurückkehren werde (Dobesberger, SozSi 1998, 844).
Wird ein Dienstnehmer sohin für die Abwicklung eines bestimmten Projekts (beispielsweise) für ein Jahr nach Japan entsendet, so besteht während der Auslandsbeschäftigung eine Sozialversicherungspflicht in Österreich.
4. Welche Auswirkungen kann eine Krankenbehandlung des Dienstnehmers bei einer Entsendung ins nicht europäische Ausland auf den Dienstgeber haben?
Unterliegt der im Ausland im Homeoffice arbeitende Dienstnehmer – beispielsweise, weil dieser vom Dienstgeber dorthin entsendet wurde (vgl oben Punkt 3.) – dem ASVG, hätte dies auch die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 130 ASVG zur Folge.
Diese Bestimmung lautet – auszugsweise – wie folgt:
„Hält sich eine in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person im dienstlichen Auftrag im Ausland auf, so erhält sie für die Dauer des Auslandsaufenthaltes die ihr beim zuständigen Versicherungsträger zustehenden Leistungen vom Dienstgeber.“
Würde man davon ausgehen, dass der Dienstnehmer in Österreich sozialversichert ist und „im dienstlichen Auftrag“ ins nicht europäische Ausland entsendet wird, wäre folglich zu beachten, dass er für die Dauer des Auslandsaufenthaltes, die ihm beim zuständigen Versicherungsträger zustehenden Leistungen vom Dienstgeber zu erhalten hätte.
Der Dienstgeber hätte sohin die Kosten der ausländischen Behandlung zu tragen und müsste sich im Anschluss an den Versicherungsträger wenden, um einen Teil dieser Kosten ersetzt zu bekommen. Die Erstattung des Versicherungsträgers deckt aber (gerade im stationären Bereich) in der Regel nur einen Teil der übernommenen Kosten ab.
5. Welche steuerlichen Auswirkungen sind bei einer Homeoffice-Tätigkeit vom Ausland aus zu beachten?
Durch die Erbringung der Arbeitsleistung des Dienstnehmers im Ausland stellt sich die Frage, welchem Staat das Besteuerungsrecht an seinen Einkünften zusteht. Diese Frage wird in den so genannten Doppelbesteuerungsabkommen gelöst. Das sind bilaterale Abkommen, die regeln, welcher der beiden Staaten sein innerstaatliches Steuerrecht anwenden darf.
Für die Zuweisung des Besteuerungsrechts an nichtselbständigen Einkünften kommt in den Doppelbesteuerungsabkommen in aller Regel die so genannte „Hauptzuteilungsregel“ zur Anwendung, wonach private Aktivbezüge im Tätigkeitsstaat besteuert werden. Das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates hängt nicht davon ab, in welchem Land der Arbeitgeber ansässig ist.
Bei einem Wohnsitzwechsel des Dienstnehmers ins Ausland und Weiterbeschäftigung bei einem österreichischen Dienstgeber kommt folglich nicht mehr Österreich, sondern – von bestimmten Ausnahmen abgesehen – dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Dienstnehmers das Besteuerungsrecht zu.
Tipp: Bevor Sie Ihrem Dienstnehmer Homeoffice im Ausland ermöglichen, ist jedenfalls eine steuerliche Beratung anzuraten. Dies nicht zuletzt aufgrund des so genannten „Betriebsstättenrisikos“. Wird durch die Homeoffice-Tätigkeit des Dienstnehmers nämlich eine Betriebsstätte im Ausland begründet, könnte dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat auch ein Recht zur Besteuerung unternehmerischer Einkünfte zukommen.
Um negative sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Auswirkungen zu vermeiden, empfiehlt sich daher vor Aufnahme einer Homeoffice-Tätigkeit im Ausland eine entsprechende rechtliche und steuerliche Prüfung.
Sofern Sie hierbei Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen natürlich jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Störck