Ganz allgemein ist das Vorkaufsrecht ein Gestaltungsrecht, das dem Berechtigten die Option bietet, eine Sache bevorzugt zu erwerben. Beabsichtigt der Verpflichtete, die Sache zu verkaufen, muss er dem Berechtigten das Vorkaufsrecht anbieten. Die gesetzlichen Regelungen zum Vorkaufsrecht finden sich in den §§ 1072–1079 ABGB.
Gegenstand eines Vorkaufsrechts kann jede Sache im Sinne des § 285 ABGB sein.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten der Einräumung eines Vorkaufsrechts:
- durch vertragliche Einräumung: etwa durch einen Kaufvertrag oder eine gesonderte Vereinbarung;
- durch letztwillige Verfügung: Testament oder sonstige letztwillige Verfügung;
- durch das Gesetz: wenn dieses ausdrücklich angeordnet wird.
Ein solches Vorkaufsrecht kann sich spezifisch auch auf einzelne Grundstücksteile innerhalb einer Liegenschaft beziehen.
Im vorliegenden Fall war ein Vorkaufsrecht an neun von insgesamt dreizehn Grundstücken einer Liegenschaft im Grundbuch der gesamten Liegenschaft einverleibt (entsprechend dem Grundsatz der einheitlichen Eintragung von Belastungen des § 3 Abs 1 GBG). Als die gesamte Liegenschaft veräußert werden sollte, stellte sich die Frage, wie das Vorkaufsrecht an diesen neun Grundstücken im Kontext des Verkaufs der gesamten Liegenschaft zu bewerten ist.
Der OGH (02.04.2024, 5 Ob 211/23) entschied dazu, dass auch wenn das Vorkaufsrecht im Grundbuch auf dem gesamten Grundbuchskörper einverleibt wird, bedeutet das nicht, dass bei der Veräußerung der gesamten Liegenschaft ein Vorkaufsfall eintritt. Das Vorkaufsrecht bleibt nach der Veräußerung der gesamten Liegenschaft auf den entsprechenden Liegenschaftsanteil (neun von dreizehn Grundstücken) bestehen.
Quellen:
OGH 5 Ob 211/23z = Zak 2024/305 (Kolmasch),
Jeremias, Vorkaufsrecht (2023, Lexis Briefings)
Autoren: Mag. Victoria Dangl
Matthias Rölz